

Hätte es den Ritter Diemar von Röttingen nicht gegeben und wäre dieser nicht so großzügig gewesen, könnte Wertheim in diesem Jahr nicht, oder zumindest nur verhalten, jubeln.
Weil aber besagter Diemar 1103 seine gesamten weltlichen Güter dem Kloster Hirsau schenkte und es darüber eine Notiz im "Codex Hirsaugiensis" gibt, wird nun das Jubiläum "900 Jahre Grafschaft Wertheim" gefeiert. Der "wissenschaftliche Beginn des Jubeljahres", so Dr. Jörg Paczkowski, fand am Mittwochabend im Modersohnsaal des Grafschaftsmuseums statt. Und der Andrang war riesig. Jeder wollte Dr. Peter Rückert sehen und hören, Mitarbeiter am Hauptstaatsarchiv Stuttgart und "der Verursacher des ganzen Trubels". Schließlich hat er die Eintragung entdeckt, in der als Zeuge der Schenkung auch ein Graf Bruno von Wertheim erwähnt wird.
Rückert war nicht alleine gekommen, er hatte etwas ganz Besonderes mitgebracht -eben jenen "Hirsauer Codex", der ansonsten als ein ganz besonderer Schatz im Hauptstaatsarchiv verwahrt und so gut wie nie ausgeliehen wird. Zumindest seit er am Hauptstaatsarchiv arbeite, sei dies noch nicht geschehen, stellte Rückert fest. Der Codex ist Prunkstück der Ausstellung zum Grafschaftsjubiläum, die morgen im Museum eröffnet wird. Und er ist eine der wichtigsten Quellen der südwestdeutschen Geschichte, zahlreiche Orte und Persönlichkeiten sind darin erstmals urkundlich erwähnt.
70 Pergamentblätter umfasst dieser "Glücksfall für das an Quellen so arme Hochmittelalter". Und auf Blatt 34 findet sich die Eintragung über jenen 18. Januar 1103, der Beleg, dass die Grafen von Wertheim nicht im Jahre 1132 "unvermittelt ins Licht der Geschichte" traten, wie es noch Dr. Hermann Ehmer, früherer Leiter des Staatsarchivs Wertheim, schrieb.
Öffentliche Inszenierung
Da die Verwandschaft des Röttinger Ritters von der Übertragung des Erbes an das Kloster Hirsau wohl nicht begeistert gewesen sein möge, habe die bedeutende Schenkung unangreifbar öffentlich inszeniert werden müssen, so Rückert. Und als einer der vier vornehmsten unter vielen hochkarätigen Zeugen werde eben jener "bruno comes de wertheim" erwähnt.
"Erstmals hat sich hier ein Herr nach Wertheim benannt und führt den Grafentitel", unterstrich der Referent die Bedeutung dieses Eintrags. Und wahrscheinlich reiche die Geschichte sogar noch einige Jahre weiter zurück, denn schon 1091 finde sich ein Graf Bruno im "Komburger Schenkungsbuch" als Zeuge eines Gütertausches, leider ohne weiteren Namenszusatz. Man dürfe aber davon ausgehen, dass es sich um ein und dieselbe Person handele, gebe es doch hier, wie zwölf Jahre später, eine enge Verflechtung zum Hochstift Würzburg und den Grafen von Komburg.!

|  |